Jodi Cobb

Sklaverei im 21. Jahrhundert

Kirche St. Peter

Wer sind die Millionen von Sklav:innen in der Welt? Wer steckt hinter dem Menschenhandel, der zweitgrössten illegalen Aktivität der Welt, und wer versucht zu helfen?

Heute gibt es mehr Sklav:innen auf der Welt als in den vier Jahrhunderten des afrikanischen Sklavenhandels zusammen. Jodi Cobbs einjähriges Projekt untersucht dieses Paralleluniversum, in dem Menschen gekauft und verkauft, gefangen gehalten und für Profit ausgebeutet werden. Viele kennen dieses Wort nur aus Geschichtsbüchern. Doch Sklaverei und Menschenhandel gibt es heute in grosser Zahl. Nach Schätzungen leben weltweit mehr als 27 Millionen Menschen in Sklaverei. Die meisten versuchen, ihre Schulden zu begleichen, die sich über Generationen erstrecken können.

Jodi Cobb erwarb ihren Master of Arts und Bachelor of Journalism an der University of Missouri. Als Fotografin hat sie in mehr als fünfundsechzig Ländern gearbeitet und ihre Kamera eingesetzt, um in einer zunehmend vernetzten Welt Fragen zur Conditio humana zu stellen.

Als freiberufliche Fotografin bei National Geographic hat Jodi Cobb mehr als dreissig Reportagen fotografiert und sich mit ihrer bildgewaltigen Arbeit eine internationale Fangemeinde aufgebaut. Sie erhielt die prestigeträchtige Missouri Honor Medal for Distinguished Service in Journalism, und war die erste Frau, die zur Fotografin des Jahres im Weissen Haus ernannt wurde. Eines ihrer Fotos reist mit der Voyager-Raumsonde für immer durchs Universum.

Curated by Lois Lammerhuber / Printed by CEWE

Nachhaltiges Entwicklungsziel (SDG) 10: Weniger Ungleichheiten

Entdecken Sie hier Beiträge der ETH Zürich zum Nachhaltigen Entwicklungsziel (SDG) 10:

Ungleichheit neu denken

Isabel Martinez

Dr. Isabel Martinez wuchs als Tochter einer Schweizer Mutter und eines spanischen Vaters in einem Vorort von Bern in der Schweiz auf. Ihr Vater erlebte den offenen Rassismus, den manche Menschen gegenüber Gastarbeiter:innen und Immigrant:innen an den Tag legten. Ihre Mutter war in den 1980er Jahren eine teilzeitarbeitende Mutter, was damals eher die Ausnahme als die Regel war.

Isabel wuchs in einer Familie auf, die sich sehr für Politik interessierte und engagierte. Schon früh erkannte sie, dass sich die meisten Themen letztlich um Ungleichheiten und Verteilung drehten.

Einkommens- und Vermögensverteilung als Determinanten der Ungleichheit

Isabel arbeitet in zwei verschiedenen, aber verwandten Forschungsbereichen. In ihrer Arbeit über Einkommens- und Vermögensungleichheit untersucht sie, wie viel Vermögen die reichsten Menschen in der Schweiz besitzen. Die langfristige Entwicklung von Einkommen und Vermögen und deren Verteilung helfen, die Determinanten der Ungleichheit aufzudecken. In ihrer Arbeit über Steuern befasst sie sich mit Fragen im Zusammenhang mit Steueränderungen. Dies trägt zur Entwicklung optimaler Steuersysteme bei, bei denen sowohl Effizienz- als auch Gerechtigkeitsaspekte berücksichtigt werden.

Die Ungleichheitsforschung ermöglicht es den Menschen, politische Vorschläge auf der Grundlage von Fakten und nicht von Annahmen über die Vermögensverteilung zu diskutieren. Wenn wir verstehen, wie die Menschen auf verschiedene Steuern reagieren, können wir Schlupflöcher schliessen und bessere Steuersysteme entwickeln.

Ungleichheit als Chance

Die Ungleichheit, insbesondere die Vermögensungleichheit, hat in der Schweiz seit den 1990er Jahren zugenommen. Die Volkswirtschaftslehre gibt keine Antwort darauf, wie viel Ungleichheit wir anstreben sollten oder wie viel Ungleichheit zu viel ist. Das sind Fragen, die die Gesellschaft immer wieder neu diskutieren und angehen muss. Wie viel Umverteilung zwischen Arm und Reich wir wollen, bleibt eine politische und philosophische Frage, auf die die Gesellschaft mit Hilfe der demokratischen Entscheidungsfindung eine Antwort finden muss.

Ein Kernprinzip moderner, demokratischer Gesellschaften ist, dass jeder Mensch sein volles Potenzial im Leben ausschöpfen können sollte, unabhängig von seiner Erziehung, seinem Vermögen, seinem Geschlecht, seiner Herkunft oder seiner Hautfarbe. Wir müssen uns stärker auf die Ungleichheit der Chancen konzentrieren, anstatt nur die Ungleichheit der Ergebnisse zu betrachten.

«Ich hoffe, dass durch die Verbesserung der Chancengleichheit die Ungleichheiten bei den Ergebnissen schliesslich wieder geringer werden»

Dr. Isabel Martinez, Senior Researcher bei der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich

Ein inklusiver Design-Wettbewerb

CYBATHLON

CYBATHLON ist eine Plattform, die Teams aus der ganzen Welt herausfordert, alltagstaugliche assistive Technologien mit und für Menschen mit Behinderungen zu entwickeln. Die Idee wurde von Prof. Robert Riener entwickelt, der Forschende, Entwickler:innen und Endnutzer:innen – Menschen mit Behinderungen – zusammenbringen wollte, um alltägliche Aufgaben zu lösen. CYBATHLON wurde 2013 als Non-Profit-Projekt im Sensory-Motor Systems Lab der ETH Zürich gegründet.

Die Gründer:innen waren überzeugt, dass ein Wettbewerb der beste Weg ist, um inklusives Design zu beschleunigen und ein Bewusstsein dafür zu schaffen, warum Forschung und Entwicklung zugunsten von Menschen mit Behinderungen für die Gesellschaft wichtig ist.

Teams herausfordern, assistive Technologien zu entwickeln

Die treibende Kraft hinter CYBATHLON sind internationale Wettbewerbe. Bei diesen Veranstaltungen bewältigen Teams, die sich aus Technologieentwickler:innen von Universitäten, Unternehmen oder Nichtregierungsorganisationen und einer Person mit Behinderung zusammensetzen, verschiedene Alltagsaufgaben mit den neuesten von ihnen entwickelten unterstützenden Technologien.

Die Entwicklungsteams, die von Tausenden von Zuschauer:innen in einem Stadion beobachtet und angefeuert werden – und die nun live übertragen oder bei Veranstaltungen in der ganzen Welt nachgebildet werden –, haben das Bewusstsein für die Hindernisse geschärft, mit denen Menschen mit Behinderungen in ihrem Alltag konfrontiert sind, und dafür, wie Technologie zur Überwindung dieser Barrieren beitragen kann.

Die Möglichkeit, an einem Wettbewerb teilzunehmen, ist für die teilnehmenden Teams sehr wichtig. Es hilft ihnen, ihre neuen Produkte in einer sicheren Umgebung zu testen und so das Design zu verbessern, indem sie eventuelle Schwächen beseitigen, bevor sie auf den Markt kommen.

Bei der Verringerung der Ungleichheit geht es darum, das Bewusstsein dafür zu schärfen

Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Ein Gemeindetreffen findet im ersten Stock eines örtlichen Gebäudes statt, und die einzige Möglichkeit, dorthin zu gelangen, besteht darin, die Treppe hinaufzugehen. Das hat zur Folge, dass eine Person, die im Rollstuhl sitzt, nicht an der Kommunalpolitik teilnehmen kann, die sie betrifft. Das ist ungerecht. Neue Hilfstechnologien können die soziale Eingliederung von Menschen mit Behinderungen gewährleisten.

Inklusion kann nur erreicht werden, wenn wir alle bereit sind, uns an dem Prozess zu beteiligen, öffentliche Infrastrukturen für alle zugänglich zu machen. Es ist wichtig, dass Inklusion diskutiert wird und nicht länger ein Stigma ist. CYBATHLON ist der Ansicht, dass das Teilen der Geschichten von Menschen mit Behinderungen den Weg zu mehr Vielfalt in der Gesellschaft ebnet. Vielfalt bedeutet, Unterschiede zwischen Menschen zu entdecken und zu schätzen, ebenso wie andere Lebensweisen und Standpunkte.

«Man muss nicht in allem übereinstimmen, aber gegenseitiger Respekt ist der Schlüssel. Vielleicht ist unsere Gesellschaft in 20 Jahren an diesem Punkt der Inklusion angelangt»

Annegret Kern, Co-Leiterin von CYBATHLON

Open Data zu sozialen Machtbeziehungen

Lars-Erik Cederman und Luc Girardin

Dieses Forschungsteam entwickelt mit Hilfe von Computermodellen Theorien zur globalen Politik und zeigt auf, wie Nationalstaaten entstehen und sich auflösen. Professor Lars-Erik Cederman ist Politikwissenschaftler und seit 2003 Professor für Internationale Konfliktforschung an der ETH Zürich. Luc Girardin ist Computer- und Datenwissenschaftler mit einem Fuss in den Sozialwissenschaften. An der Schnittstelle ihrer Expertise haben sie öffentlich zugängliche Datenbanken entwickelt, um die Forschung über die Beteiligung ethnischer Gruppen an sozialen Konflikten zu unterstützen.

Ethnische Machtbeziehungen

Zusammen mit ihren Forschungspartner:innen auf der ganzen Welt haben Lars-Erik und Luc die Beziehung zwischen Ungleichheit und Konflikten erforscht. Sie haben globale Datensätze über ethnische Gruppen für den Zeitraum von 1946 bis 2021 zusammengestellt, aus denen sie Erkenntnisse über die Möglichkeiten zur Teilung der Regierungsmacht gewinnen. Ihre Untersuchungen zeigen, dass regionale Autonomie und die Beteiligung ethnischer Minderheiten an politischen Entscheidungen für einen dauerhaften Frieden unerlässlich sind. Ebenso wichtig ist eine ausgewogene Verteilung von Wohlstand und Basisdienstleistungen.

Open Data zu sozialen Konflikten

Die Datensammlungen, die Lars-Erik und Luc aufgebaut haben, sind öffentlich zugänglich und können von Politiker:innen, der Verwaltung, Wissenschaftler:innen und der breiten Öffentlichkeit genutzt werden (siehe: https://icr.ethz.ch/data/). Die GROWup-Plattform, die Teil der Sammlung ist, bietet eine Visualisierung von Siedlungsmustern politisch aktiver ethnischer Gruppen in der ganzen Welt von 1946 bis 2020. Sie zeigt Informationen über den Zugang ethnischer Gruppen zur Exekutivgewalt der Regierung, ihre Beteiligung an Bürgerkriegen, Verwaltungseinheiten und andere Variablen wie die physische Höhe oder die Bevölkerung und das Bruttoinlandsprodukt nach Gebieten. Ein weiterer Teil der Sammlung, die Ethnic Power Relation Dataset Family, liefert Daten über den Zugang ethnischer Gruppen zur Staatsmacht, ihre Siedlungsmuster, Verbindungen zu Rebellenorganisationen, grenzüberschreitende Verbindungen ethnischer Verwandtschaftsgruppen und innerethnische Spaltungen.

Zusammen mit Forschungspartner:innen aus Indien, einem der vielfältigsten Länder der Welt, haben Lars-Erik und Luc ihren datengestützten Ansatz auf der Makroebene mit Studien auf der Mikro- oder lokalen Ebene kombiniert. Sie haben festgestellt, dass die Wahrnehmung von Ungleichheit oft besser geeignet ist, soziale Spannungen zu erklären, als objektiv gemessene Ungleichheiten. Dies hilft Forschenden und lokalen Behörden zu verstehen, was die Wahrnehmung von Ungerechtigkeit nährt, die oft zu politischen Unruhen führt.

«Eines ist völlig klar: Ungleichheit führt zu Konflikten. Und wenn das der Fall ist, führt weniger Ungleichheit auch zu Frieden»

Prof. Dr. Lars-Erik Cederman, Vorsteher des Departements für Geistes-, Sozial- und Staatswissenschaften der ETH Zürich

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