Cassio Vasconcellos

Kollektiv: Jenseits der Wirklichkeit

General Guisan Quai

Mit dieser Serie will Cássio Vasconcellos das Problem der Globalisierung und der Flut von Konsumgütern mit Nachdruck ansprechen. Durch seinen einzigartigen Blickwinkel wirft er wichtige Fragen auf, wie die wirtschaftliche Beanspruchung des Planeten, das bestehende makroindustrielle System zur Deckung der Bedürfnisse der Gesellschaft oder den rapiden Verbrauch von Land.

«Kollektiv» ist aus Vasconcellos Bedürfnis entstanden, seine kritische Sicht auf die Welt zu teilen. Das aus über tausend Fotografien bestehende Werk präsentiert sich als riesiges kommunikatives Portal über die Beziehung zwischen der Menschheit und ihrer neuen Art, mit Zeit und Raum zu interagieren. Auf spielerische Art und Weise erschafft er Landschaften, die zwischen dem Realen und dem Imaginären changieren.

Durch diesen Ansatz und seine ambivalente visuelle Sprache eröffnet Cássio einen Dialog über den Planeten und die Menschheit, den physischen Raum und die Zeit, der eine wichtige Perspektive für unsere Zukunft eröffnet.

Vasconcellos hat seine Bilder bereits über 200-mal in 20 Ländern ausgestellt. Einige seiner jüngsten Ausstellungen: Fondation Cartier pour l’art contemporain, Paris, Frankreich; National Gallery of Victoria, Melbourne, Australien; UCCA Center for Contemporary Art, Beijing, China; Museum of Modern Art, São Paulo, Brasilien; Phoenix Art Museum, Phoenix, Arizona, USA; Princeton University Art Museum, Princeton, New Jersey, USA.

Der brasilianische Fotograf hat 14 Bücher veröffentlicht. Zudem hat er zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Die Fotografien des Künstlers werden in den wichtigsten Privatsammlungen Brasiliens sowie in Museen wie der Bibliothèque Nationale, Paris, Frankreich, und dem Museum of Fine Arts, Houston, USA, aufbewahrt.

Curated by Lois Lammerhuber / Printed by CEWE

Nachhaltiges Entwicklungsziel (SDG) 8: Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum

Entdecken Sie hier Beiträge der ETH Zürich zum Nachhaltigen Entwicklungsziel (SDG) 8:

Menschenwürdige Arbeitsbedingungen

Eva-Marie Meemken

Die akademische Arbeit von Professorin Eva-Marie Meemken im Bereich Agrarwissenschaften und Ökonomie hat sie nach Deutschland, Mexiko, in die Vereinigten Staaten und nach Dänemark geführt. Durch Aufenthalte auf kanadischen, spanischen und deutschen Bauernhöfen sowie in Projekten der Entwicklungszusammenarbeit in Bangladesch und Peru sammelte sie wertvolle praktische Erfahrungen.

Eva-Marie hat sich schon immer für die Herkunft der Lebensmittel interessiert, die wir konsumieren, und für die sozialen Bedingungen, unter denen sie produziert werden. Auf der Suche nach Möglichkeiten zur Förderung menschenwürdiger Arbeit im Agrarsektor startete sie ein Projekt mit Schwerpunkt auf der Fairtrade-Zertifizierung. Diese Forschungsarbeit führte sie nach Uganda, wo sie Fokusgruppendiskussionen und eine umfangreiche Umfrage unter Kaffeeproduzent:innen durchführte. In Ostafrika ist es nicht ungewöhnlich, dass Landwirt:inne Gefangene als kostenlose Arbeitskräfte auf ihren Farmen einsetzen. Die Fairtrade-Regeln verbieten diese Praxis, aber Eva-Marie kam nicht umhin, sich zu fragen: Wenn ich ein Sträfling wäre, würde ich meine Tage lieber in einer Gefängniszelle verbringen oder hart auf einer Farm arbeiten?

Sie erkannte auch, dass über diese spezifische Praxis hinaus das Problem der menschenwürdigen Arbeit in der Landwirtschaft ein wichtiges, aber übersehenes Thema ist. Angestellte in der Landwirtschaft sind oft mit prekären Arbeitsbedingungen konfrontiert, sowohl in Ländern mit höherem als auch mit niedrigerem Einkommen, und haben von allen Teilnehmenden an den globalen Lebensmittelversorgungsketten die geringste Macht.
Die Erhebung von Daten über die Lohnarbeit im Agrarsektor ist alles andere als einfach. Sie erfordert das Auffinden und Befragen von Arbeitskräften, bei denen es sich häufig um saisonale Migrant:innen handelt. Die Arbeit ist oft schwierig, und sie kann riskant sein. Doch Eva-Marie und ihre Gruppe nahmen die Herausforderung an.

Forschung für bessere Arbeitsbedingungen

Ihre Forschungsgruppe konzentriert sich auf zwei Hauptfragen im Zusammenhang mit landwirtschaftlicher Arbeit. Die eine Frage lautet, wie Politik und Technologie dazu beitragen können, die Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft, der Lebensmittelverarbeitung und den Lebensmitteldienstleistungen zu verbessern. Die zweite Frage lautet, wie dem Arbeitskräftemangel begegnet werden kann.

Arbeitskräftemangel ist in vielen Ländern der Welt an der Tagesordnung. Aber die Gründe, Auswirkungen und Massnahmen, die dagegen ergriffen werden können, sind noch wenig bekannt. Heute konzentriert sich Eva-Maries Forschungsgruppe auf Fallstudien aus Nigeria, Myanmar, Ghana und der Schweiz, wobei sie umfangreiche Erhebungen durchführt, um Daten sowohl von Arbeitnehmenden als auch von ihren Arbeitgebenden, wie landwirtschaftlichen Betrieben oder Lebensmittelunternehmen, zu sammeln.

Fortschritt durch Politik und Technologie

Auch wenn noch viel getan werden muss, um die prekären Arbeitsbedingungen in der Agrar- und Ernährungswirtschaft zu verbessern, bleibt die Tatsache bestehen, dass in diesem Sektor viele gering qualifizierte Arbeitskräfte aus Ländern mit niedrigem Einkommen beschäftigt sind, entweder im Inland oder im Ausland. Diese Beschäftigungsmöglichkeiten sind von entscheidender Bedeutung, insbesondere in Ländern mit hoher Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung.

«Wir müssen Politiken und Technologien entwickeln und identifizieren, die das Wohlergehen sowohl der Menschen fördern, die Lebensmittel produzieren, als auch der Menschen, die sie konsumieren. Menschenwürdige Arbeit ist nur ein Aspekt, aber einer, der mehr Aufmerksamkeit und Finanzierung verdient»

Prof. Dr. Eva-Marie Meemken, Leiterin der Food Systems Economics and Policy Group an der ETH Zürich

Die Zukunft einer besseren Arbeitswelt

Gudela Grote

Die Faszination von Professorin Gudela Grote für die Arbeits- und Organisationspsychologie beruht auf einer einfachen, aber aussagekräftigen Beobachtung: Arbeit ist entscheidend für das Wohlbefinden. Daraus folgt, dass die Gestaltung besserer Arbeitsbedingungen notwendig ist, um den Menschen zu helfen, ein besseres Leben zu führen. Gudela interessiert sich auch dafür, wie die Arbeit mit der Identität und der Kompetenzentwicklung der Menschen zusammenhängt. In ihrer Forschung taucht sie tief in die Arbeitspraktiken des Einzelnen ein und untersucht, wie und warum Menschen über die reine Erledigung von Aufgaben hinaus erfolgreich sind.

Wie können die Arbeitsbedingungen verbessert werden?

Das übergeordnete Ziel von Gudelas Forschungsgruppe ist es, die Arbeitsbedingungen so zu verbessern, dass die Menschen ihre Arbeit gut erledigen, lernen und dabei ihre persönlichen Fähigkeiten entwickeln können. Im Grunde genommen geht es darum, den eigenen Lebensunterhalt in einer Arbeitsumgebung zu verdienen, die das Wohlbefinden fördert und zumindest keinen Schaden verursacht.

Die Gruppe verfolgt drei Forschungsschwerpunkte. Eine davon ist eine alle zwei Jahre durchgeführte Erhebung über die Arbeitsbedingungen in der Schweiz, die als Grundlage für Entscheidungen von Unternehmen und Politik zur Verbesserung der Bedingungen dient. Der zweite Bereich besteht aus mehreren Projekten, die sich mit der Frage befassen, wie KI-basierte Technologie und neue Technologien im Allgemeinen die Art der Arbeit verändern. Dazu gehört auch die Analyse der Frage, wie eine wirksame Integration der Technologie in die Arbeitswelt bereits in einer frühen Phase des Einführungsprozesses gefördert werden kann. Die Gruppe legt besonderen Wert darauf, die Verantwortung für die Arbeitsergebnisse mit der Kontrolle darüber in Einklang zu bringen, wie diese Arbeitsergebnisse mithilfe der Technologien erzielt werden. Im dritten Bereich untersucht das Team, wie Einzelpersonen und Organisationen mit Unsicherheiten in arbeitsbezogenen Prozessen umgehen, sei es durch die Gestaltung neuer Regeln, die Ermutigung von Mitarbeitenden, sich zu äussern, oder das Eintreten für organisatorische Veränderungen.

Im Mittelpunkt ihres Handelns steht das Bestreben, menschenwürdige Arbeit für alle zu schaffen und gute Arbeitsbedingungen mit wirtschaftlicher Effizienz zu verbinden. Gudela und ihr Team sind davon überzeugt, dass Menschen motivierter und produktiver sind, wenn sie bei der Arbeit respektiert werden, die Möglichkeit haben, zu lernen und sich weiterzuentwickeln, und über ein gewisses Mass an Autonomie verfügen.

Sind Sie mit Ihren Arbeitsbedingungen zufrieden?

Gudela plädiert dafür, dass Entscheidungsträger:innen in Organisationen oder in der Regierung über die Arbeitsbedingungen nachdenken und überlegen, wie sie verbessert werden können. Dazu müssen sie den Zusammenhang zwischen Arbeitsbedingungen und wirtschaftlicher Effizienz besser verstehen.

In ihrer Zukunftsvision wird die Technologie so eingesetzt, dass die Arbeit besser wird, anstatt die Produktivität zu steigern. Das könnte bedeuten, die Arbeitszeit für alle zu verkürzen, das Wohlbefinden und die persönliche Entwicklung durch angemessene Arbeitsbedingungen zu fördern oder den Zugang zu formellem und informellem Lernen als Grundlage für nachhaltige Beschäftigung zu ermöglichen.

«Wenn es bei der Arbeit nicht gut läuft, sollte man die Situation verbessern und nicht die Menschen»

Prof. Dr. Gudela Grote, Lehrstuhl für Arbeits- und Organisationspsychologie an der ETH Zürich

Internationaler Handel aber umweltfreundlich

Thomas Bernauer

In seiner Forschung und Lehre beschäftigt sich Professor Thomas Bernauer mit der Frage, wie globale Umweltprobleme entstehen und wie sie gelöst werden können. Sein besonderes Interesse gilt dabei der Frage, wie politische Massnahmen konzipiert werden können, die einerseits wirksam zur Lösung von Umweltproblemen beitragen, andererseits aber auch unter Berücksichtigung der spezifischen Interessen von Bürger:innen, Verbraucher:innen, Unternehmen und politischen Gruppen durchsetzbar sind.

Thomas erhielt seine Ausbildung in Politikwissenschaften in Zürich, Genf und Boston. Er arbeitete mehrere Jahre für die Vereinten Nationen und ist seit 1995 Professor an der ETH Zürich.

Internationaler Handel und Umweltschutz: ein Widerspruch in sich?

Ein Schwerpunkt seiner Forschung ist die Beziehung zwischen internationalem Handel und Umweltschutz. Die wirtschaftliche Globalisierung, insbesondere der internationale Handel, ist Segen und Fluch zugleich. Die meisten Menschen stehen ihr zwiespältig gegenüber.

Die Menschen in reichen Ländern wie der Schweiz konsumieren eine riesige Menge an importierten Waren, deren Produktion im Ausland Umweltschäden verursacht. Das ist die wichtigste ökologische Herausforderung im Zusammenhang mit dem internationalen Handel. Dazu gehören beispielsweise Mineralien, die im Bergbau gewonnen werden und die Umwelt schädigen, oder Lebensmittel wie Palmöl, die möglicherweise nicht nachhaltig produziert werden. Bis zu 80 Prozent der gesamten Umweltauswirkungen des Konsums der Schweizer:innen finden ausserhalb der Landesgrenzen statt. Das bedeutet, dass sie in ökologischer Hinsicht auf Kosten anderer Länder leben.

Thomas’ Forschungsarbeit untersucht dieses Phänomen und geht der Frage nach, wie der internationale Handel zur Verlagerung der Umweltauswirkungen durch globale Lieferketten beiträgt. Er analysiert dabei auch, wer diese Auswirkungen auf wen abwälzt, und untersucht, wie sich die Länder durch ihre Konsum- und Handelsmuster gegenseitig Umweltschäden zufügen und was Nachhaltigkeitsstandards dagegen ausrichten könnten.

Den Konsum-Fussabdruck in grossem Massstab reduzieren

Der globale ökologische Fussabdruck des lokalen Konsums zeigt, dass es nicht ausreicht, die Umweltqualitätsziele nur in den reichen Ländern zu erreichen. Das bedeutet, dass neben der Umstrukturierung der heimischen Wirtschaft auch die internationale Handels- und Lieferkettenpolitik neu gestaltet werden muss, um die Einfuhr von Gütern, deren Produktion im Ausland enorme Umweltschäden verursacht, drastisch zu reduzieren.

«Wir schätzen die Vorteile der Globalisierung als Konsument:innen und als Reisende, und sie hat Ländern wie der Schweiz zu Wohlstand verholfen – aber wir machen uns auch Sorgen darüber, wie die Globalisierung unsere Gesellschaften verändert, etwa durch Verschiebungen der kulturellen Identität oder durch wirtschaftliche und ökologische Risiken»

Prof. Dr. Thomas Bernauer, Leiter Internationale Politische Ökonomie und Umweltpolitik an der ETH Zürich

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